Noch vor wenigen Jahrzehnten war die Balkanhalbinsel eine durchgehende Weidelandschaft ohne Trennung von Wald und Weide. Transhumanz (Wanderweidewirtschaft) wurde im grossen Stil praktiziert, ist aber heute beinahe zum Erliegen gekommen. Die 38,7 km2 grosse Karst-Talaufweitung Poljá in Bosnien-Herzegowina stellt eines der wenigen Beispiele im Westbalkan dar, wo sich die Transhumanz nach kriegsbedingtem Erliegen 1992-1995 in einer Phase der spontanen Erholung befindet.
Wie die Wanderweidewirtschaft die Zusammensetzung der Avifauna prägt und welche
Brutvogelarten einst und heute an die Transhumanz gekoppelt sind, wurde auf der Balkanhalbinsel kaum erforscht.
Die Ala unterstützt im Rahmen der Förderung für feldornithologische Untersuchungen (s. hier) ein Projekt von Borut Stumberger, welches folgenden Fragen nachgeht:
- Wie sieht eine heutige Transhumanzavifauna im Dinarischen Karst zwischen Italien und Albanien überhaupt aus?
- Welche Vogelarten werden durch den bestehenden Beweidungsdruck und die Form der Beweidung rezent erhalten, wie goss sind ihre Populationen?
- Wie soll die Beweidung der Karst-Talaufweitung der Poljá aussehen damit die bestehende Vogelfauna erhalten und in Zukunft auch durch fehlende Vogelarten wie die hier einst brütenden vier Geierarten ergänzt werden?
Dafür sollen andererseits bestehende ornithologischen Daten vom Ende des 19. Jh. bis heute ausgewertet werden, andererseits sollen Erhebung der Brutvögel und Nutztiere durchgeführt werden. Ziel ist die Erarbeitung eines Zonierungs- und Entwicklungskonzept, welches dem Umweltministerium bzw. der Verwaltung des Blidinje-Naturparks vorgelegt wird, um den Naturschutz durch die Transhumanz in der Poljá-Karstlandschaft zu fördern.
In den ersten beiden Aufnahmejahren (2018 und 2019) konnten im Untersuchungsgebiet jeweils mehr als 1000 Brutpaare von insgesamt mehr als 60 verschiedenen Arten nachgewiesen werden, darunter etliche Wachteln, Wachtelkönige, Tüpfelsumpfhühner und Uhus.